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Die Sichelzellkrankheit –

ein Lackmustest für die Medizin im 21. Jahrhundert
 

Für eine in Deutschland sehr seltene Erkrankung ist die Sichelzellkrankheit hierzulande recht bekannt – zumindest aus dem Biologieunterricht. Leider hilft das den Betroffenen noch nicht, denn sie kämpfen regelmäßig damit, dass ihre Symptome unterschätzt werden und kaum spezifische Therapien zu Verfügung stehen. Nicht zuletzt durch die Veränderungen der Demografie ist es höchste Zeit, dass die Sichelzellkrankheit den Sprung aus den Lehrbüchern in eine angemessene Behandlungspraxis schafft.

 FOTO: © SCIEPRO – STOCK.ADOBE.COM


Die Sichelzellkrankheit betrifft in Deutschland verhältnismäßig wenige Menschen. Vielen dürfte sie dennoch ein Begriff sein: Als Krankheit, die von beiden Eltern vererbt wird, dient sie in deutschen Schulbüchern als klassisches Beispiel für den Einfluss der Genetik auf die Evolution. Wegen des Überlebensvorteils, den die Träger:innen des Sichelzell-Gens gegenüber Malaria haben, wird anhand der Sichelzellkrankheit oft die Evolutionslehre erläutert.

Bei der Sichelzellkrankheit werden die roten Blutkörperchen, wenn sie nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, aufgrund einer Genmutation im Hämoglobin, sichelförmig und steif. Sie können dadurch weniger Sauerstoff durch den Körper transportieren. Es handelt sich um eine schleichende Krankheit, die im Säuglingsalter beginnt und deren Last im Laufe der Zeit zunehmen kann. Im Laufe der Zeit werden zunehmend lebenswichtige Organe beschädigt.  Typisch sind auch akute und chronische Schmerzen aufgrund von Gefäßverschlüssen und Ischämie. Menschen mit Sichelzellkrankheit sterben im Schnitt 30 Jahre früher.

Die betroffenen Patient:innen kämpfen in Deutschland jedoch regelmäßig damit, dass ihre Krankheit in Bezug auf das Ausmaß der zunehmenden chronischen Schädigungen, wie auch das Ausmaß akuter Schmerzen, außerhalb von spezialisierten Ambulanzen dramatisch unterschätzt wird. Zudem stehen trotz des seit langem sehr gut verstandenen Erkrankungsmechanismus im Vergleich mit anderen Erkrankungen kaum spezifische Therapien zur Verfügung.

Eine in Deutschland neue Krankheit

Ursprünglich kam die Sichelzellkrankheit vor allem in Regionen vor, in denen die Malaria endemisch ist. In Deutschland ist die Sichelzellkrankheit relativ neu, eine Folge der Globalisierung. Noch Ende der neunziger Jahren ging man von nur etwa 350 Patient:innen in Deutschland aus, heute schätzt man die Zahl auf etwa 3.500.

Mit Blick auf die Veränderungen der Demographie ist die Sichelzellkrankheit heute Teil des hiesigen Krankheitsspektrums und muss entsprechend den Sprung aus den Lehrbüchern für Biologie und Medizin in eine angemessene Behandlungspraxis schaffen. Wie bei anderen Seltenen Erkrankungen sind umfangreiche Diagnostik und Behandlung auf Leitlinienniveau außerhalb spezialisierter Zentren oft kaum zu meistern – auch hier braucht es dringend den Ausbau der Zentren und die regelhafte Überweisung zu den Spezialist:innen.

Durch eine Mutation im Gen für Hämoglobin werden die roten Blutkörperchen von Menschen mit Sichelzellkrankheit, wenn sie nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, sichelförmig und steif.


Vernachlässigte Versorgung auch im Ausland Als weltweit häufigste genetische Erkrankung bekommt die Sichelzellkrankheit außerhalb von Deutschland sehr viel mehr Aufmerksamkeit. In Großbritannien, Frankreich und den USA beispielsweise gibt es wegen der unterschiedlichen Bevölkerungszusammensetzung deutlich mehr Patient:innen als in Deutschland. Nicht nur absolut, sondern auch relativ zur Größe der Bevölkerung gesetzt sind die Patientenzahlen im Vergleich zu Deutschland höher, zum Teil zehnmal so hoch. In diesen Ländern hat die Sichelzellkrankheit eine große gesellschaftliche Relevanz und die Qualität ihrer Versorgung wird von Medien und Politik regelmäßig sehr kritisch beobachtet.

Teilweise große Hürden für Betroffene
Auch in Deutschland erfordert die Versorgung von Patient:innen mit der Sichelzellkrankheit ein besonderes Engagement. Als in Deutschland neue Krankheit bedarf es besonderer Anstrengungen in der Information und Sensibilisierung von Personal im Gesundheitswesen und der Bildung von Netzwerken von Expert:innen. Patient:innen mit einem Migrationshintergrund kämpfen teilweise mit sprachlichen Hürden oder mangelnder Orientierung im komplexen deutschen Gesundheitswesen, haben so größere Mühe, ihre Krankheit zu bewältigen und erfordern so oft auch größeres Engagement von den Behandler:innen.

Eine Krankheit mit Indikatorfunktion
Als chronisch fortschreitende Multiorganerkrankung ist die Behandlungsqualität stark abhängig davon, dass viele Fachärzt:innen miteinander Informationen austauschen, unter Führung einer in der Sichelzellkrankheit erfahrenen Hämatologin oder eines Hämatologen, und dass in einer Behandlungssituation die wesentlichen Informationen vorliegen.

Um im Falle einer mit Schmerzmitteln selbständig nicht mehr beherrschbaren Krise richtig behandelt zu werden, nehmen Patient:innen deshalb prall gefüllte Ordner mit Dokumente aus ihrer Krankengeschichte mit in die Notaufnahme. Die Limitationen eines faxbasierten Gesundheitssystems und die Möglichkeiten, die Instrumente wie die elektronische Patientenakte bieten, zeigen sich hier besonders deutlich.

Insofern kann die Sichelzellkrankheit auch für Deutschland eine „Indikatorfunktion“ haben. Einerseits als Indikator für gelingende Teilhabe und ein inklusives Gesundheitssystem und andererseits als multidisziplinäre Herausforderung, an der sich Versorgungsinnovationen wie die stärkere elektronische Vernetzung von Ärzt:innen erweisen können.

Weltweit sind Millionen von Menschen von der Sichelzellkrankheit betroffen, insbesondere Menschen mit subsaharischer, hispanischer, südasiatischer oder südeuropäischer Abstammung sowie Menschen aus dem Nahen Osten. Sie kann jedoch auch außerhalb dieser Bevölkerungsgruppen vorkommen.
 


Global Blood Therapeutics
Im Vergleich mit anderen Erkrankungen wurde die Versorgung der Sichelzellkrankheit an vielen Stellen jahrzehntelang vernachlässigt. Das ist auch in den Ländern der Fall, wo die Sichelzellkrankheit im Vergleich zu Deutschland mehr Menschen betrifft. Dort zeigen sich dann gesellschaftliche Spannungsverhältnisse und der aktive Wandel hin zu mehr Teilhabe am Gesundheitssystem wie unter einer Lupe.

Das vor zehn Jahren in San Francisco gegründete und von Dr. Ted Love geführte Unternehmen Global Blood Therapeutics (GBT) spiegelt diesen Wandel wider. GBT entwickelt Therapien zur Behandlung der Sichelzellkrankheit und wendet einen erheblichen Teil seiner Energie auch darauf, die beteiligten Akteure zusammenzubringen und gemeinsam über die Krankheit aufzuklären.

Love ist seit Juni 2014 Präsident und Chief Executive Officer von GBT, nachdem er zuvor bereits langjährige Erfahrung in der Biotech- und Pharmaindustrie sammeln konnte. Als studierter Mediziner kam er während seiner klinischen Ausbildung in Yale und im Massachusetts General Hospital erstmals mit Menschen mit Sichelzellkrankheit in Kontakt. Die von ihm behandelten Patient:innen waren meist Afroamerikaner:innen und stammten aus einkommensschwachen Haushalten. Love erlebte hautnah das mit der Sichelzellkrankheit verbundene Stigma: Er sah viele arme, junge Patient:innen, die zur Behandlung kamen und von den Leuten schnell als Drogensüchtige abgestempelt wurden, weil ihre starken Schmerzen nicht ernst genommen wurden. Damals erlebte Dr. Love aus erster Hand, dass es an geeigneten Therapien für diese Patient:innen mangelte – nicht zuletzt aufgrund der unzureichenden Investitionen in die Entwicklung von Behandlungsmöglichkeiten für Menschen mit Sichelzellkrankheit. Das Engagement von GBT mit Blick auf eine bessere Versorgung von Menschen mit Sichelzellkrankheit ist sein persönlicher "Aufruf zum Handeln".

GBT setzt sich stark für von der Sichelzellkrankheit betroffene Menschen ein. Die Bedürfnisse der Patient:innen, ihrer Angehörigen und ihrer Fürsprecher:innen haben dabei oberste Priorität – und das schon seit den Anfängen des Unternehmens. Dieses Engagement ist heute stärker denn je.

Dr. Ted Love leitet seit 2014 das auf die Behandlung der Sichelzellkrankheit spezialisierte Unternehmen Global Blood Therapeutics (GBT) – aus persönlicher Überzeugung, dass bei der Versorgung von Menschen mit Sichelzellkrankheit noch viel Aufholbedarf besteht. FOTO: GBT

 

 

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