Alexander von Humboldt-Professor Lars Angenent nutzt Mikroorganismen für die Umwandlung von Kohlenstoffdioxid in Methan. So werden Ökostrom-Überschüsse als Gas gespeichert.
Impulse aus der Wissenschaft sind entscheidend für die Energiewende: So hat der Tübinger Umweltforscher Lars Angenent ein Verfahren entwickelt, bei dem klimaschädliches Kohlenstoffdioxid in Methan verwandelt wird. Als Biokatalysator dienen dabei Mikroben. Für seine Arbeiten wurde der Niederländer jüngst mit dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet. In einem Interview erläutert er seine Entdeckung.
Professor Angenent, was sind das für Mikroben, die klimaschädliches Kohlenstoffdioxid „fressen“?
Es handelt sich um sogenannte Archaeen. Sie stellen neben Eukarioten und Bakterien eine eigenständige Domäne der zellulären Lebewesen dar. Sie bevölkern die Erde seit Milliarden von Jahren und sind in extremen Lebensräumen wie Vulkanquellen oder Salzseen zu finden. Das Besondere an diesen Einzellern ist, dass sie für ihren Stoffwechsel Kohlenstoffdioxid brauchen. Unser Biokatalysator arbeitet mit Archaeen, die Methan produzieren.
Aber Methan ist doch klimaschädlich. Was geschieht mit dem Gas?
Wir lassen es ja nicht entweichen. Bei uns entsteht Methan im Biokatalysator, von dort aus wird es in das Gasnetz eingespeist und kann zum Beispiel der Industrie zugutekommen. Das Motto lautet „Power to gas“.
Wie funktioniert der Biokatalysator, der sogenannte „Biocat?“
Die Speicherung von neuen Energien ist eine große Herausforderung für die Energiewende. Zum Bespiel bei der Windkraft, wenn es sehr windig ist, entsteht viel Strom, aber wohin damit? Bei dem „Biocat“-Verfahren wird aus grünem Stromüberschuss mit Wasser durch Elektrolyse Wasserstoff hergestellt.
Im Biokatalysator stellen die Archaaen aus Kohlenstoffdioxid und diesem Wasserstoff Methan her. Ein Stromüberschuss wird in grünes Gas umgewandelt, das im Gasnetz gespeichert, transportiert und weiterverwendet wird. Und das auch noch unter Nutzung von Kohlenstoffdioxid. Dabei fallen noch Sauerstoff und Wärme an, zwei Produkte, die vielseitig verwendet werden können.
Woher stammt das Kohlenstoffdioxid?
Es stammt aus der Industrie oder aus Biogasanlagen. Den Mikroben ist völlig egal, wo es herkommt, sie verwandeln es in fast 100 Prozent reines Methan, das kaum nachgearbeitet werden muss, sondern direkt so in das Netz eingespeist werden kann.
Sie haben ein Start-up mitgegründet, um das Verfahren in großem Stil anzuwenden. Wie schätzen sie das Potenzial des Biokatalysators ein?
Das Potenzial ist beträchtlich. Das Unternehmen, an dessen Gründung ich teilgenommen habe, heißt Electrochaea und es ist gerade dabei, die Technologie in Dänemark in den industriellen Maßstab zu überführen. Jedes Windrad, das bei zu viel Wind abgeschaltet wird, ist ein Verlust. Mit dem Verfahren kann man die ganze überschüssige Energie im existierenden Gasnetz speichern, ohne das Windrad abschalten zu müssen.
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