Fachärztliche Labore sind für unsere medizinische Versorgung elementar. Wer in Praxen und Kliniken schaut, stellt fest: 2 von 3 Diagnosen können nur mithilfe von Laborbefunden gestellt werden. Beispiele gibt es zuhauf – etwa dann, wenn ein eigentlich vollkommen gesunder Patient plötzlich über Müdigkeit und Abgeschlagenheit klagt, äußerlich aber unauffällig ist. Erst im Labor lässt sich feststellen, ob ungewöhnliche Blutbildveränderungen vorliegen.
Dazu allerdings braucht es einen geschulten Blick: Gibt es zu viele oder auch zu wenige weiße Blutkörperchen, sind Blutzellreihen verändert? Dann erfolgt eine weitere Diagnostik. Finden die Ärzt:innen unterm Mikroskop sogenannte Blasten, also viele unreife weißen Blutzellen, lautet die Diagnose: akute Leukämie. Ab dann zählt hier jede Minute – es ist einer der Fälle, in denen fachärztliche Labore nicht nur die einsendende Arztpraxis kontaktieren, sondern unter Umständen auch ein Notarzt-Team direkt zum Patienten schicken.
Ob akute onkologische Notfälle oder chronische Leiden wie die Erkrankungen wie die Nierenerkrankung CKD: Erst Laborwerte, zytologische und molekulare Analysen bringen Licht ins Dunkel – und machen aus Symptomen Therapieentscheidungen.
In den letzten Jahren sind Labore in Deutschland gleich von mehreren Seiten unter Druck geraten: Die Pandemie, in der binnen kürzester Zeit Kapazitäten für PCR-Tests geschaffen werden mussten, aber auch der allgegenwärtige Fachkräftemangel.
Und: Labore sind mit teils erheblichen Kostensteigerungen konfrontiert: Ausgaben für Personal und Organisation (Ausbildung, Versicherungen) steigen, Material und Betriebsmittel werden teurer (Reagenzien, Verbrauchsmaterialien, Geräteanschaffungen und -wartung, Entsorgung, Transport/Logistik auch der Proben). Hinzu kommen die überall gestiegenen Kosten für Energie, also für die Stromversorgung sowie das Heizen und Kühlen.
Doch nicht nur das: Ein Ausgabenposten, der bei Laboren stetig weiter steigt, sind jene Kosten, die sich aus neu erlassenen Vorschriften ergeben. Es gibt gleich eine ganze Reihe an gesetzlichen Regelungen rund um Digitalisierung und IT-Sicherheit, die für Labore mit erheblichen Ausgaben und Investitionen einhergehen. Hier sind das Einrichten von neuen Schnittstellen zu nennen, zusätzliche Dokumentationspflichten, aber auch die Verantwortung in Bezug auf Cyber-Security, denn: Ein Hacker-Angriff auf ein Labor stellt eine ernsthafte Gefahr für die medizinische Versorgung dar – entsprechend wichtig sind hier entsprechende Abwehr- und Sicherheitsmaßnahmen.
Die Kosten steigen rasant, doch wie steht es um die Vergütung? Hier hatten die fachärztlichen Labore große Hoffnung in die jüngste Laborreform gesetzt – eine Hoffnung, die sich schnell zerschlug. Das Fazit des Berufsverbands ALM e. V.: „Es kommt so schlimm wie befürchtet.“ Doch wie genau sieht die Finanzierung aus?
Der fachärztliche Berufsverband der „Akkreditierten Labore in der Medizin“ (ALM e. V.) vertritt über 200 medizinische Labore, in denen mehr als 1.000 Fachärztinnen und Fachärzte arbeiten, darunter Labormediziner, Humangenetiker, Pathologen, Endokrinologen, Transfusionsmediziner, Zytologen, Virologen, Mikrobiologen und Immunologen. Darüber hinaus sind in den Laboren rund 500 Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler sowie mehr als 25.000 qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Der Zweck des Vereins ist die Förderung und Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen labordiagnostischen Patientenversorgung in Deutschland.
Wer sich die Vergütungsstrukturen im Detail anschaut, wird überrascht: Gerade einmal 2,5 Prozent der Gesamtgesundheitsausgaben im Jahr entfallen auf Labordiagnostik (Stand 2023). Mit Inkrafttreten der Laborreform Anfang 2025 gibt es eine ganze Reihe an Laborleistungen, die weit unter den tatsächlichen Kosten vergütet werden.
Was Labore für erbrachte Leistungen abrechnen dürfen, überrascht: Für ein großes Blutbild mit Mikroskopie dürfen gerade einmal 1,47 Euro veranschlagt werden, für eine Glukosebestimmung im Plasma 0,25 Euro – und für die eingangs beschriebene Beurteilung eines Blutausstrichs bei Leukämieverdacht gibt es 0,40 Euro.
© ALM e. V.
Dass Labore angesichts solcher Kostenerstattungen aufbegehren, ist kaum verwunderlich. Doch nicht nur die Gebührenordnung, sondern auch weitere Elemente der Laborreform bereiten den Laboren in Deutschland Sorge – und werfen die Frage auf, ob eine Versorgung auf dem gewohnt hohen Niveau in Zukunft möglich bleiben kann.
Die Forderung der Labormedizin: Budgets und Pauschalen sollten auch Prävention, Akutdiagnostik und hochspezialisierte Verfahren abbilden, denn nur mit einer entsprechend ausgestalteten Vergütung lassen sich die hohen deutschen Qualitätsstandards aufrecht erhalten.
Was dürfen Labore für verschiedene Untersuchungen abrechnen? Drei exemplarische Laborleistungen, die nach der Laborreform 2025 weit unter den tatsächlichen Kosten vergütet werden:
Eine weitere Forderung der Labore betrifft die mangelnde Verankerung des Leistungsgedankens. „Finanzströme sollten der Leistung folgen – bei Verlagerung in den ambulanten Bereich sind die Mittel konsequent mitzunehmen“, so Dr. Michael Müller, Vorsitzender des ALM e. V. „Laborleistungen sollten versorgungsbereichsübergreifend betrachtet und entsprechend auch finanziert werden. Dazu gehört auch, Gegenden in den Blick zu nehmen, in denen eine Unterversorgung droht: Hier sollte es auch gesetzlich Versicherten ermöglicht werden, sich in bestimmten Fragestellungen direkt an das fachärztliche Labor zu wenden. Das stärkt Prävention und entlastet Primärversorger.“
Generell gilt: Um die Qualität der fachärztlichen Labore in Deutschland, die international Maßstäbe setzt, langfristig zu erhalten, ist nachzujustieren. Die Laborreform 2025 und die Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) in ihrer aktuell geplanten Form markieren gravierende Eingriffe in die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
„Ohne substanzielle Anpassungen droht eine schlechtere Finanzierung bei steigenden Kosten – mit Risiken auch der Patientenversorgung in der Fläche und der Verfügbarkeit und damit für die Zugangsgerechtigkeit“, warnt etwa Prof. Dr. Jan Kramer, Facharzt für Labormedizin und Innere Medizin. „Eine planungssichere, transparente Vergütung, die den medizinischen Bedarf abbildet, ist Voraussetzung für Investitionen in Qualität, Fachpersonal, Gerätepark, IT-Sicherheit und Notfallbereitschaften.“
Mehr zur Frage, was uns hier Labordiagnostik wert ist, hier.
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